Mittwoch, 21. November 2012

Ein paar interessante Fakten über das indische Gesundheitssystem



Da wir vor allem im gesundheitlichen Bereich tätig sind und dort auch schon einige Erfahrungen und Eindrücke sammeln durften, wollen wir euch heute mal etwas darüber erzählen.

In Indien liegt die Lebenserwartung im Durchschnitt bei 63 Jahren, wobei die Säuglingssterblichkeit 60 von 1000 beträgt. Fast 100 Kinder von 1000 sterben vor ihrem 5. Lebensjahr. Gründe hierfür sind eine Unter- oder Mangelnährung, unzureichende Trinkwasserversorgung und mangelhafte hygienische Verhältnisse.

Ein einheitliches Gesundheitssystem, vergleichbar mit unserer Krankenversicherung, gibt es hier nicht. Dies liegt vor allem auch an den großen Einkommensunterschieden im Land.
Nur ca. 14% der Bevölkerung haben eine private oder staatliche Krankenversicherung.

Es gibt eine kostenfreie Basisversorgung durch den Staat parallel zu privaten Arztpraxen und Kliniken.
Somit kann man sagen, dass sich das Gesundheitssystem in einen privaten und einen staatlichen Teil aufspaltet.
Die staatliche, kostenfreie Versorgung findet in sogenannten „government hospitals“ statt, welche sich in jeder großen Stadt befinden müssen. Hier bekommen die Patienten alles kostenlos, allerdings sind die medizinischen Mittel deutlich beschränkt und man wird mit 20 anderen Patienten in einem Zimmer untergebracht.
Deshalb nehmen zwei drittel aller privaten Haushalte eine medizinische Versorgung in „private hospitals“ in Anspruch. Jeder der es sich irgendwie leisten kann, versucht das "government hospital" zu meiden.
Die Ausstattung, das medizinische Personal, die Medikamente und vieles mehr sind im privaten Krankenhaus viel besser und reichlicher vorhanden. Daher konzentrieren sich - bei bestehendem Ärztemangel - auf diesen Bereich auch die meisten Ärzte und Ärztinnen und immerhin die Hälfte des Pflegepersonals.
Dieser private Teil kommt für ca. 78% der gesamten Gesundheitsaufgaben auf.

Ein weiteres Problem stellt das große Stadt-Land-Gefälle dar.
In vielen Dörfern gibt es keine medizinischen Einrichtungen, diese können auch meist nicht zu Fuß erreicht werden und Transportmittel sind zu teuer.
Es leben zwar 70% der Gesamtbevölkerung auf dem Land, jedoch stehen hierfür nur 20% der Ärzte zur Verfügung.
Wir besuchen auch einige Dörfer, von denen aus es als arme Familie unmöglich ist, ein Krankenhaus zu erreichen. In diesen wird dann häufig eine alternative Medizin praktiziert. So bekommen zum Beispiel die Frauen ihre Babys dann einfach zu Hause mit Hilfe aller möglichen Nachbarn.
Verschlimmert wird die Lage auch durch schlechte hygienische Bedingungen wie fehlender Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen, sowie die Unterernährung.
Für eine erste ärztliche Versorgung auf dem Land gibt es die sogenannten PHCs (Primary Health Center). In jedem Mandel (Bezeichnung für Verwaltungsbezirk mehrere Dörfer) sollte es ein solches PHC geben. Es umfasst einen Arzt, 2 Krankenschwestern, einen Optiker, einen Krankenwagen und Medikamente. Auch hier ist die Behandlung kostenlos. Allerdings sind diese PHCs teilweise nur sehr schlecht ausgestattet oder existieren nur in der Theorie.
Um euch die Situation zu verdeutlichen hier ein kleines Beispiel:
Ein Arbeiter auf dem Land verdient monatlich ca. 2000 Rupien, was umgerechnet ein Einkommen von ca. 30 Euro ist. Ein Kaiserschnitt in einem relativ kostengünstigen, privaten Krankenhaus kostet 5000 Rupien, umgerechnet ca. 75 Euro. Dazu kommen noch diverse andere Kosten für Ärzte, Medikamente etc... Somit muss man bei einer Geburt mit Kosten von ca. 150 Euro rechnen. Diese Rechnungen sind sofort zu begleichen. Hierdurch kann man sehen, dass schon günstige, private Krankenhäuser für einen großen Teil der Bevölkerung nicht bezahlbar sind.







 Dieses Baby ist einen Monat zu früh geboren. In Deutschland wäre das kein Problem, doch hier in Indien ist es nicht sicher, ob es überleben wird.



Ein elf Tage altes, unterernährtes Baby.




 

Donnerstag, 8. November 2012

Land unter in Parvathipuram

Nachdem wir um sechs Uhr morgens etwas unsanft geweckt wurden, mussten wir leider feststellen, dass unsere komplette Wohnung unter Wasser stand.

Zuerst dachten wir es wäre alles nur ein schlechter Traum, doch als wir unser ganzes Hab und Gut aus der bräunlichen, sehr angenehm riechenden Materie gefischt und in Sicherheit gebracht hatten, wurde uns klar, dass es die Realität war.

Halb Parvathipuram war dank tagelangen Regenfällen und einem Dammbruch überschwemmt.
Zuerst haben wir es noch mit Humor genommen, doch nach dem Anblick der ersten Wasserschlange und nachdem uns die Tatsache bewusst wurde, dass wir dank der indischen "Müllentsorgung" mitten im größten Dreck standen, fanden wir es nicht mehr ganz so lustig.

Deshalb wurden wir von Staff-Mitgliedern "evakuiert" und in Sicherheit gebracht.

Nun könnt ihr euch selbst ein Bild von der Lage machen!


Der Eingang zu unserer Wohnung.

Unser Schlafzimmer.

Ein Blick aus unserer Tür. Die Nachbarschaft.





Die Grenzen des Flusses sind nicht mehr zu erkennen.

Main-Road.



Als das Wassers abgeflossen war, konnten wir am späten Nachmittag in die Wohnung zurückkehren. Nachdem haben wir dann drei Stunden erfolgreich gegen die Mengen an Schlamm gekämpft haben, können wir diese ab morgen wieder bewohnen.

Viele feuchte Grüße aus Parvathipuram 
von Steffi und Marie